Freitag, 16. November 2012

Ob St. Martin lange überlegt hat?

Vor einiger Zeit klingelte eine Frau mit einer Sammelbüchse an der Tür. Ich war gerade in einer Telefonkonferenz und mein Portomonnaie lag nicht da wo es sonst liegt, also wies ich sie ohne Gabe ab. Zwei Tage später las ich in der Regionalen Zeitung, dass es sich wohl um eine Betrügerin gehandelt hatte. Eine Journalistin aus der Nachbarschaft hatte ihr Geld gegeben, wollte dann aber mal nachforschen, was das für eine Hilfsorganisation ist, leider eine nicht existente.

Gestern klingelte es dann wieder und diesmal war es wohl eine ältere Frau mit einem Zettel in der Hand (früher hätte man sie sehr wahrscheinlich ob ihres Auftretens eine Zigeunerin genannt, heute ist man politisch korrekter), unsere Tagesmutter fragte unsere Tochter, diese winkte ab. Beide erzählten es mir aber anschließend. Ich war ein wenig irritiert, dass unsere Tochter, die sonst immer großzügig ist der Bettlerin nichts geben wollte und das ging mir noch den ganzen Tag nach [ich habe mir gerade vorgenommen heute noch einmal mit ihr alleine darüber zu sprechen]. Ich finde es nämlich nicht okay grundsätzlich einen "schlechten Vorsatz" zu unterstellen.

Ich brachte unsere Tochter gestern am späten Nachmittag auf dem Weg zum Stall zu einer Verabredung. Es war so kalt, dass ich mir noch einen Kaffee-to-go in einem Cafe holen wollte. Davor stand ein Mann und fragte ob er kurz mit mir sprechen könnte. Er erzählte mir etwas von eine Dusche und eine Übernachtung und ein Frühstück würden 8,30 EUR kosten und er hätte erst 1,95 EUR ob ich ihm etwas dazu tun könnte. Ich sah in mein Portomonnaie und dort wo normal das Kleingeld liegt waren nur Cent Stücke und ein 10 EUR Schein. Ich gab ihm die 10 EUR und er strahlte glücklich und stammelte noch etwas hinter mir her. Später im Auto als ich mir den Mund an meinem Kaffee verbrannte dachte ich darüber nach und fragte mich selbst, hätte ich ihn jetzt mich erstmal anhauchen lassen sollen, ob er das Geld auch ja nicht in Alkohol investiert, tatsächlich fragte ich mich ob St. Martin den Bettler gefragt hat, wie es kommen konnte, dass er in so eine miesliche Lage kommen konnte und schlimmer noch ich dachte an eine Begegnung mit einer super netten, jüngeren Kollegin. Irgendwie hatte ich ihr von meinem "stressigen" Samstag erzählt und dass mich dann noch zu allem Überfluss als ich gerade unsere Sachen aus der Reinigung holte auf dem Parkplatz ein Mann ansprach ob ich Leergut für ihn haben würde. Und ich weiss noch, dass ich meiner Kollegin sagte, dass ich kein Leergut gehabt habe und sie antwortete: "Das hättest du ihm jawohl auch nicht gegeben." und ich sagte "Doch, ich bin doch katholisch und ich habe ihm dann anstatt dessen das Geld gegeben, dass ich gerade in meiner Hosentasche hatte, es war aber nicht viel". "Krass, ich bin auch katholisch, aber das heisst doch nicht...."....
Wenn es bei "netten" Menschen "krass" ist, dass man hilft, wie mag es dann bei Menschen sein, die "nicht nett" sind, frage ich mich. Was würde St. Martin tun?

Später im Stall hinkt mein Pferd. Nicht schon wieder denke ich und denke an die Tierarztkosten. Aber keine Sekunde denke ich  - und darüber bin ich sehr glücklich - hättest du dem Mann mal besser nicht das Geld gegeben.

2 Kommentare:

  1. Ich bin da ähnlich wie du. Wenn ich so jemanden sehe, dann berührt es mich erst mal. Meine Kolleginnen vom Sozialamt sagten dann schonmal gerne, der kann sich an den und den wenden, der kann dies und das machen - kein Mensch muss hier so aggressiv betteln. Mir geht es aber trotzdem nah.
    Und obowohl ich mich unseres relativen Überflusses nicht schäme bin ich mir doch immer bewusst, dass ich gegen diese Person, ob sie nun betrügt oder nicht, reich bin.

    Ich befürchte, man zählt dann zu diesen armen Gutmenschen, die es nur fürs eigene Sichbesserfühlen tun. Aber mir soll egal sein, wie ich vor den Leuten da stehe, wie steh ich vor Gott da.

    Manchmal, nein, selten kommt es mir aber vor, als hätte das Gegenüber schon eine gewisse Vorfreude im Gesicht, mich übers Ohr zu hauen. Wenn ich mir sicher bin, dass das nicht Scham überdecken soll, dann geb ich nichts.

    Deine Tochter ist doch so klug. Es wird keine Hartherzigkeit gewesen sein.

    Liebe Grüße, Huppicke

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  2. Danke dir Huppicke für den lieben Kommentar.

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